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Lenoir Motor mit Spulenzündung

Technik > Bauarten und Beispiele von Zündungen

Auf dem Gebiet der Motortechnik konnte infolge der vorangegangenen Ergebnisse die Überzeugung gewonnen werden, dass durch eine bessere technische, wissenschaftliche und wirtschaftliche Lösung der noch immer recht unvollständig geklärten Probleme ein grosser Fortschritt erzielt werden könnte, vor allem angesichts der damals gewaltig aufstrebenden Unternehmungslust in Gewerbe, Industrie, Handel und Verkehr. Während die Anhänger der Motortechnik den 1860 geschaffenen Lenoir-Motor begeistert als "Lebensimpuls unsrer Industrie" bezeichneten, hielten die zahlreichen Anhänger der Dampfmaschine mit Ablehnung oder mit Skepsis nicht zurück. Ein englischer Biograph Lenoirs, H. 0. Duncan, glaubt, als Folge der Erfindung Lenoirs, eine besondere Reaktion unter den Anhängern der Dampfmaschine feststellen zu können und sagt: Es wurde anerkannt, dass der Motor für geringe Leistungen gebaut werden kann und im Gegensatz zur Dampfmaschine keinen Brennstoff braucht, wenn er nicht arbeitet. Der einzige Einwand, den die Dampfanhänger vorbringen konnten, war, dass der Gasmotor sehr heiss wurde, eine Menge Wasser zur Kühlung des Mantels benötigte und reichlich geölt werden musste." "In der Tat", erklärte Duncan, „die Dampfanhänger bemerkten öfters sarkastisch, der Lenoir-Motor brauche wohl keine Heizung, dafür aber [umso mehr!] eine Schmierung!"


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Lenoir erhielt am 24. Januar 1860 das französische Patent Nr.43 624 auf einen „Motor, worin die Luft infolge Verbrennung der Gase ausgedehnt wird". Er weist darauf hin, dass er teilweise die Bauformen einer horizontalen Dampfmaschine zugrunde legt, dass der Motor doppeltwirkend arbeitet und durch Ein- und Ausgesteuert wird. In einem Zündkanal in der Mitte des Zylinders ist eine als „enflammateur" bezeichnete Zündkerze angeordnet. Hatte der Kolben die Hälfte seines Saughubes zurückgelegt, wobei er ein Gemisch von Leuchtgas und Luft ansaugte, so gab er den Zündkanal frei. Dadurch wurde die Verbindung hergestellt zwischen dem Gas-Luft-Gemisch und der Zündkerze. Nach der Entündung trieb das verpuffende Gas-Luft-Gemisch den Kolben arbeitleistend weiAm Hubende wechselte der Kolben unter der Wirkung des Schwungrades die Bewegungsrichtung und schob die Verbrennungsrückstände auf der einen Kolbenseite aus dem Zylinder, während zugleich auf der anderen Kolbenseite brennbares Gemisch eingesaugt wurde. Hatte der Kolben auf diesem Rückgang die Zylindermitte wieder überschritten, so wurde das Gemisch durch dieselbe Zündkerze gezündet und drückte den Kolben arbeitleistend in die zuerst beschriebene Stellung. Dieses Spiel wiederholte sich dann.
Ohne besonderen Nachdruck wird in dem Patent erwähnt, dass „die Entzündung durch zwei mittels Porzellan isolierte Platindrähte geschieht, die mit einem soRuhmkorff-Apparat verbunden sind, der seinerseits mit einer Säule [worunter galvanische Elemente verstanden wurden] oder irgend einem anderen Erzeuger von Elektrizität verbunden ist." Bei den bekannten Lenoir-Motoren ist übrigens an jedem Zylinderende eine Zündkerze eingebaut.

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Die Zündung von Lenoir ist also eine sogenannte Summerzündung auf der Grund des Ruhmkorffschen Funkeninduktors. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts hatten sich verschiedene Erfinder bemüht, unter Benutzung der Arbeiten Faradas einen Induktionsapparat herzustellen, von dem man sich eine Anwendung für physiologische und therapeutische Zwecke erhoffte, weil damit Nerven- und Muskelreize erzeugt werden konnten. Dem in Paris ansässigen, aus Hannover stammenden Mechaniker Daniel Ruhmkorff war es um 1850 gelungen, unter Benutzung des sogenannten Wagnerschen Hammers eine Bauart von grundlegender Bedeutung zu schaffen, die später auch ausserhalb der Zündungstechnik bei den Röntgengeräten und in der Funkentelegraphie angewandt wurde.
Charakteristisch für die Wirkungsweise des Ruhmkorffschen Funkeninduktors ist, dass sich ein Magnetfeld aufbaut, wenn der Primärstromkreis geschlossen wird. Infolge der Selbstinduktion steigt der Primärstrom nur allmählich an. Hat er eine bestimmte Grösse erreicht, so wird ein Anker angezogen und dadurch der Primärstrom unterbrochen. Infolgedessen verschwindet das Magnetfeld rasch und induziert im Sekundärstromkreis eine hohe Spannung, die sich an der Funkenstrecke als Funkenüberschlag ausgleicht. Der Anker kehrt nach Überseiner Massenträgheit nach kurzer Zeit zurück, schliesst den Primärstromkreis von neuem, und das Spiel wiederholt sich, bei den damaligen Bauarten etwa 40-50mal in der Sekunde. Der infolge der Induktivität im Stromkreis an der Unterbrechungsstelle entstehende Unterbrechungsfunken verzögert das Verschwinden des Magnetfeldes. Durch einen parallel zu den Summerkontakten geschalteten Kondensator wird das Abreissen des Funkens beschleunigt und da die in der Induktionsspule entstehende Öffnungsspannung erhöht.

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Die Lenoir-Zündkerze bildet in ihrem konstruktiven Aufbau (Messing-Kerzenäuse mit Gewinde, Porzellanisolator, Kupfer-Mittelelektrode und Masseaus Kupferblech) eine Urform unserer heutigen Zündkerze. Als Stromquelle für die Lenoir-Zündung dienten Elemente wie von Bunsen oder Clamond, deren Säure in der Regel nach einer Arbeitsleistung von drei bis vier Tagen immer wieder erneuert werden musste. Die Stromverteilung auf die zwei Zündkerzen geschah durch einen mit dem Kreuzkopf hin- und hergehenden Schleifkontakt, der an einer Strombrücke entlangglitt.
Das Neue am Lenoir-Motor bestand nach der damaligen Ansicht weniger in neukonstruktiven Besonderheiten, als in der Art der Gemischbildung. Ein 1864 veröffentlichter Prospekt, der die Eigenart des Motors darzustellen versucht, bedient sich eines historischen Vergleiches, wie man es sonst von Prospekten nicht gewohnt ist. Es heisst: „Bei der Maschine von Lenoir wird der patentierte
Kolben von Street angewandt, sie hat direkte und doppelte Wirkung wie die Maschine von Lebon, sie wird gezündet wie die Maschine von Rivaz, der Zylinder wird mit Wasser gekühlt wie bei Samuel Brown, sie kann mit flüssigen Kohlen betrieben werden, wie dies von Erskine Hazard vorgeschlagen wird, ... aber dessen ungeachtet saugt die Maschine von Lenoir das Gas und die Luft durch die Bewegung des Kolbens selbst an, ohne vorangehende Mischung, die immer gefährlich ist und die Anwendung von Pumpen erfordert. Dies kann man ihr nicht nehmen und dadurch hat sie ein Anrecht auf das Patent."
Der Lenoir-Motor wurde – der erste Fall in der Motortechnik – einige Zeit sogar auf industrieller Grundlage hergestellt. Davon erwartete man, begünstigt durch die in Paris damals herrschende grosse Lust an erfolgversprechenden Projekten, einen grossen finanziellen Erfolg; man erinnere sich nur an den damals aktuellen Suezkanalbau! So weist die für die Herstellung von Lenoir-Motoren gegründete Kommanditgesellschaft Gautier & Cie in Paris, die auch eine Vertretung in Hamburg „für das ausschliessliche Monopol in Deutschland" hatte, ein Gesell von 2 Millionen Francs auf, wenigstens dem Prospekt nach. Insgesamt hat diese Firma etwa 300 bis 400 Motoren geliefert, vorwiegend in Grössen von 1/2, 1, 2 und 3 PS, vereinzelt sogar bis 8 PS. Der 1-PS-Motor hatte einen Hubraum von 6 Litern, der 2-PS-Motor einen solchen von 9 Litern je PS.
Lenoir beschäftigte sich auch mit der Verwendung seines Gasmotors für ein Strassenfahrzeug; es ist aber nur zu einigen Probefahrten im Jahr 1863 gekommen. Später hat Lenoir auch Motoren nach dem Otto-Verfahren gebaut. In Deutschland baute die Maschinenfabrik G. Kuhn in Stuttgart-Berg 1861 einen Lenoir-Motor nach Konstruktionszeichnungen der Pariser Firma Marinoni, die im Bau von Zeitungsschnellpressen führend war. Max Eyth, der mit Gottlieb Daimler von Ferdinand Steinbeis, dem grossen Förderer der württembergischen Industrie, nach Paris geschickt worden war, um den Lenoir-Motor zu studieren, leitete in der Firma G. Kuhn die Herstellung des Motors. Die zu geringe Wirtschaftlichkeit dieses Motors veranlasste die Firma G. Kuhn, den Bau einzustellen. In der gleichen Zeit baute die Firma Koch & Co in Leipzig einige Lenoir-Movon 1 PS mit 80 Umläufen je Minute.

Schema der Zündanlage des Lenoir Motors

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Jean Joseph Étienne Lenoir
(* 12. Januar 1822 in Mussy-la-Ville (deutsche Bezeichnung: Mutzich, Mutzig oder Missach), , seit 1839 Belgien; † 1900 in La Varenne bei Paris, ) war ein Erfinder (80 Patente) und Geschäftsmann.

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Ohne eine besondere Vorbildung genossen zu haben, beschäftigte er sich, abgesehen von dem Bau des Motors, durch den sein Name berühmt wurde, mit allerlei Dingen, z. B. mit elektrischen Bremsen, Wasserzählern, Reglern für Dynamos sowie mit dem Eisenbahnsignalwesen und selbstschreibenden Telegraphen. Um sich während der Belagerung von Paris seiner Wahlheimat Frankreich nützlich erweisen zu können, liess er sich naturalisieren. 1881 wurde er mit dem Kreuz der Ehrenlegion ausgezeichnet, merkwürdigerweise aber nicht etwa wegen der Erfindung seines Gasmotors, sondern für seine Arbeiten in der Telegraphentechnik.

Er entwickelte 1859 den ersten brauchbaren Gasmotor und führte ihn vor etwa 20 Personen am 23. Januar 1860 vor, konstruierte 1863 das erste damit angetriebene Straßenfahrzeug und ein gasbetriebenes Motorboot. Mit dem Straßenfahrzeug (Gasmotorwagen) legte er die 9 km lange Strecke von Paris nach Joinville-le-Pont und in etwa 3 Stunden zurück. Die Information über die Fahrt stammt von Lenoir selbst.
Von seinem Gasmotor wurden über 400 Exemplare gebaut. Er arbeitete nach dem verdichtungslosen Zweitaktprinzip, der Antrieb wirkte direkt auf die Kurbelwelle (zum Unterschied vom Flugkolbenmotor des N. A. Otto). Im Deutschen Museum München ist davon ein Original ausgestellt.
Nikolaus Otto orientierte sich bei der Entwicklung seines Ottomotors am Gasmotor von Lenoir.

In seinen alten Tagen bezog er eine kleine Rente und lebte sehr bescheiden in ländlicher Zurückgezogenheit in La Varenne, wo er 1900 starb.

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